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Ein schwerer Brocken


Gabriel A. Goldberg, M.A.

Gabriel A. Goldberg, M.A.

– Warum Fiktion über Israel in Wahrheit verkehrt wird

Das Volk Israel hat ein von Gott gegebenes Schicksal im Land Israel. Es hat auch ein göttlich vorgeschriebenes Gesetz zur gerechten Behandlung des „Fremden“, der sich dem Volk anschließt. Denn auch die Juden waren Fremde in Ägypten (2. Mo. 22, 20).

Jeder zweite Europäer glaubt jedoch, Israel beginge Genozid (Völkermord) und führe einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser. Viele glauben, Israel sei ein Apartheidstaat. Wenn doch alle Fakten das Gegenteil beweisen, warum glauben vernünftig anmutende Menschen solche infamen Lügen?

Eine Studie von 2011 an der Universität Bielefeld, Deutschland, deckte auf, dass rund 50 % der Deutschen glauben, Israel verhielte sich gegenüber den Palästinensern wie die Nazis damals gegenüber den Juden. Die Projizierung nazi-ähnlicher Verbrechen auf den jüdischen Staat mag einigen Deutschen therapeutisch gesehen gut tun, doch de facto ist diese schädliche Beurteilung Israels kein Einzelfall in Europa. Umfragen in der Schweiz, Norwegen und andern Ländern offenbaren ähnliche Meinungen mit vergleichbaren Zahlen.

„Genozid“ bedeutet eine absichtliche Dezimierung eines Volkes. Der Holocaust, der türkische Völkermord an den Armeniern, das Massaker der Hutus an den Tutsis in Ruanda und die muslimisch-sudanesischen Gräueltaten gegen Christen haben alle eines gemeinsam: Massenhaft Tote – zu hundertausenden oder millionenfach. Der Tod durch gezielte Tötung oder durch manipulierte Lebensbedingungen, die den Hungertod, und ähnliches, verursachen.

Eigenen Statistiken der Vereinten Nationen (UNO) zufolge, wächst die palästinensisch-arabische Bevölkerung jedoch Jahr für Jahr. Das ist wohl kaum ein Fall für Völkermord.

Die Fiktion wird durch Fakten widerlegt

Im Rahmen ihres Entwicklungsprogramms UNDP formulierten die Vereinten Nationen einen Index (HDI) zur Messung der Lebensqualität in 187 Ländern und in von der UNO anerkannten Gebieten. Der Index berücksichtigt verschiedene Aspekte, darunter Gesundheit (Lebenserwartung), Bildung, Einkommen, technologische Entwicklung und weitere Faktoren. Zu den aufgeführten Ländern zählt auch „(der Staat) Palästina“ (sic!). Im 2013er Bericht zur Menschenentwicklung heißt es, die Lebenserwartung der Palästinenser sei seit 1980 um mehr als 10 Jahre gestiegen.

infographica_ger-01Die Lebenserwartungsrate in der Europäischen Union beträgt ca. 80 Jahre. In den USA sind es 79, in Südafrika unter 50, in Ägypten 73. Die Lebenserwartung der Palästinenser in Gaza und „der Westbank/dem Westjordanland“ beträgt 75 (!) Jahre und ist genauso hoch wie die eines Schwarzen in den USA. Wie kann man dann überhaupt die Lebenserwartung eines Palästinensers, sagen wir, mit der eines Juden in Europa unter Nazi-Besatzung vergleichen? Oder mit der eines Tutsis in Ruanda 1994?

Der UNO-Bericht erwähnt auch die jährliche Verbesserung für Palästinenser in anderen Lebensbereichen. Würden darin nur arabische Staaten berücksichtigt, hätten die Palästinenser eine überdurchschnittliche HDI-Rate. Wo also ist der Beweis für Völkermord?

Mit der Apartheidsanklage gegen Israel haben wir uns bereits einige Male in HASCHIWAH befasst. Daher fasse ich nur die Eckpunkte zusammen, um die Absurdität der Anklage deutlich zu machen. Anbei (S. 5) eine Liste mit Rechten der Araber in Israel. Die Liste ist kurz, doch das Entscheidende wird deutlich. Auch der Vorwurf eines kulturellen Völkermords ist eindeutig falsch.

Israel ist in punkto Apartheid (Separation) keinesfalls mit Südafrika vergleichbar, wo Weiße und Schwarze getrennt wurden und Schwarze keine Freiheiten und Grundrechte besaßen. Die Araber haben in Israel mehr Rechte als in arabischen Ländern.

Die Anti-Israel-Kampagne breitet sich aus

Und doch hält sich die Apartheidslüge hartnäckig. 2005 wurde von arabischen Studenten an der Universität in Toronto eine 1-wöchige Kampagne, die Israel Apartheid Week, initiiert – zur Streuung von Information über Israels vermeintliche, rassistische Verbrechen gegen die Palästinenser und zur Förderung von Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS). Seitdem findet sie jährlich weltweit an verschiedenen Universitäten statt. Studentenvereinigungen mehrerer kanadischer Universitäten haben Resolutionen gebilligt, die zu universitären Desinvestitionen in Israel aufrufen.

Wenn auch die amerikanische Öffentlichkeit entschieden pro-Israel bleibt, ist die Stimmung auf den Universitätsgeländen ein anderes – verschiedene linksgerichtete Akademiker- und Studentenvereinigungen unterstützen die Boykotte israelischer Universitäten und Akademien. Einen positiven Gegenakzent setzten die Kanzler und Präsidenten von einhundert US-Universitäten, indem sie kürzlich die akademischen Boykotte und das heuchlerische Herausgreifen Israels ablehnten.

– Palästinensisch-arabische Rechte heute in Israel

So ist es in Israel:

  1. Araber können wählen
  2. Araber sind Staatsbürger
  3. Araber, von denen einige dem Staat Israel gegenüber offen feindlich gesonnen sind, sind Mitglieder des Parlaments, der Knesset
  4. Araber sind Mitglieder des Kabinetts
  5. Es gibt „arabische“ politische Parteien
  6. Araber sitzen als Richter an Landgerichten und am Obersten Gerichtshof
  7. Araber besuchen dieselben Universitäten wie die Juden
  8. Araber werden in denselben Krankenhäusern behandelt wie die Juden
  9. Organtransplantationen werden Arabern wie Juden ermöglicht
  10. Araber sind Ärzte und Schwestern an eben jenen Krankenhäusern
  11. Araber haben Zugang zu denselben Einkaufszentren, Restaurants, Cafés, Kinos, Theatern, Parks, Stränden und anderen Freizeitmöglichkeiten wie Juden
  12. Es gibt arabische Zeitungen
  13. Arabisch ist, ebenso wie Hebräisch, offizielle Landessprache
  14. In der Schule wird die arabische Kultur, Geschichte und Sprache gelehrt
  15. Der Islam wird offen und frei praktiziert
  16. Die islamischen heiligen, historischen und archäologischen Stätten werden erhalten

Die Kirchen stoßen in dasselbe Horn

Die United Church of Canada hat einen Boykott israelischer Waren befürwortet, ebenso wie die United Methodist Church in den USA. Die Presbyterian Church USA, die United Church of Christ, die episkopalen und lutherischen Denominationen in den USA haben alle Boykotte und Desinvestitionen erwogen oder durchgeführt. Selbst US-Pfingstkirchen werden von Pro-Boykott-Aktivisten aus den eigenen Reihen angegriffen. Die Leiterschaft der Church of England hat einen Boykott Israels angeraten, die Methodist Conference im Vereinigten Königreich einen solchen erwägt. Australische, norwegische und schwedische Mainstream-Gemeindeleiter haben zu Boykotten aufgerufen, wie auch einige deutsche lutherische Leiter. Der deutsche Zweig der katholischen NRO Pax Christi befürwortet ebenfalls einen Boykott.

Einige Unternehmen verlassen Israel

Die ständige Delegitimierung und Dämonisierung Israels als illegaler, rassistischer Besatzer hat Folgen:

Die deutsche Eisenbahngesellschaft, Deutsche Bahn (DB), hat ihre Beteiligung an der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Jerusalem nach Tel Aviv zurückgezogen. Das britisch-dänische Sicherheitsunternehmen G4S erklärte, es beabsichtige, seine Verträge mit Israel nicht zu verlängern, wenn diese ablaufen. Die holländischen Unternehmen Vitens und Royal HaskoningDHV haben Verträge mit Israel gekündigt. Die holländische Investmentfirma PGGM hat moralische Töne angeschlagen und beschlossen, von mehreren israelischen Banken wegen deren Aktivitäten in den „Siedlungen“ zu desinvestieren.

Die EU hat die Kennzeichnung von Produkten aus den israelischen „Siedlungen“ gefordert – als spezifisch aus besetzten Gebieten, und nicht aus Israel stammend. Vor kurzem entschied die EU, dass jenseits der „Grünen Linie“ – in den so genannten von Israel besetzten, palästinensischen Gebieten – keinerlei EU-Finanzhilfen, -Stipendien oder -Darlehen zur Unterstützung israelischer Unternehmen oder Aktivitäten (akademische, unternehmerische oder andere) verwendet werden sollen. Der britische Premier David Cameron hat signalisiert, er wolle seine Bemühungen gegen israelische „Siedlungen“ verstärken.

Diese Aktionen sind gegen Israel gerichtet, vordergründig aus Sorge um internationales Recht und die Menschenrechte. In Wahrheit sind das jedoch nicht die Gründe.

Humanitäre Krisen, die gerne ignoriert werden

Die längste, noch andauernde militärische Okkupation heutzutage ist die Tibets durch China. Seit seiner Invasion 1950 hat China nicht weniger als eine Million Tibeter getötet (manche schätzen mehr). Rund 150.000 tibetische Flüchtlinge sind zu Fuß über die Himalaya-Gebirge geflohen. Fast alle tibetischen Tempel und Klöster (ca. 6000) wurden zerstört. Millionen ethnischer Han-Chinesen wurden in Tibet zur Verdrängung der dortigen Ureinwohner angesiedelt. In Apartheidsmanier wurden die Top-Verwaltungsposten in Tibet nur an Han-Chinesen vergeben.

Die Türkei ist 1974 in Zypern einmarschiert und hat ein Drittel des Landes besetzt. Noch immer halten 35.000 türkische Soldaten Nordzypern besetzt. Rund 140.000 griechische Zyprer wurden vertrieben und über 100.000 anatolische Türken im Land angesiedelt. Über 500 griechisch-orthodoxe Kirchen wurden zerstört, 55 in Moscheen verwandelt.

Marokko hat seit 1975 die Westsahara besetzt.

Warum fordern die gleichen Kirchenleiter, Studentenvereinigungen, Politiker, elitären Intellektuellen, Unternehmen, und andere nicht lauthals einen Boykott Chinas, der Türkei oder Marokkos?

Natürlich würde keiner mit gutem Verstand in der heute wirtschaftlich unsicheren Zeit China boykottieren und sich so vom größten Markt der Welt und dem Billiglohnland abschneiden. Die Wirtschaftlichkeit übertrumpft die Mitmenschlichkeit. Was zählt, sind der Dollar, der Euro und das Pfund Sterling, nicht humanitäre Bedenken und internationale Legalität. Oder wie sonst lässt es sich erklären, dass die holländische Firma PGGM Israel jetzt meidet, aber weiterhin in chinesische Banken und Ölbohrfirmen, die im chinesisch-besetzten Tibet aktiv sind, investiert?

Und die EU bietet – in direktem Widerspruch zu ihrer ausdrücklichen Politik Israel gegenüber – türkischen Unternehmen und Einzelpersonen im besetzten Nordzypern Finanzhilfen und Darlehen an. Und Marokko? Die EU hat kürzlich Handelsverträge mit Marokko unterzeichnet, die das Gebiet der besetzten Westsahara enthalten.

Israel, dessen Rechtsanspruch auf Judäa und Samarien (und Gaza) durch internationales Recht gesichert ist, auch mit dem Recht, dort Siedlungen zu bauen (ratifiziert durch den Völkerbund und die UNO), wird zwecks Strafmaßnahmen herausgegriffen. In der Zwischenzeit wird es denen, die tatsächlich in fremdes Gebiet einmarschierten und die Urbevölkerung durch Siedler verdrängt haben, gestattet, ihre illegale Besatzung fortzusetzen. Und das mit wenig erbitterter Schärfe, wie sie Israel entgegen gebracht wird, und ganz ohne Wirtschaftsstrafen. Das ist Doppelmoral.

Australische und kanadische Politiker nehmen kein Blatt vor den Mund

Die australische Außenministerin Julie Bishop bezeichnet die Israel-Boykottierer als „unglaublich heuchlerisch.“ Zumindest von Geistlichen, die mit den Leitmotiven des Neuen Testaments vertraut sind, könnte man erwarten, dass sie solch offensichtliche Heuchelei vermeiden.

Lasst uns eines klarstellen: Diese Aktivisten handeln nicht aus Sorge um menschliches Leid. Wäre das ihre Sorge, hätten sie wegen der über 130.000 zumeist zivilen Opfer in Syrien der letzten 3 Jahre zu Massendemonstrationen aufgerufen, dies sind mehr Opfer als in den über 60 Jahren des arabisch-israelischen Konflikts umkamen. Durch die Blockade syrischer Regierungstruppen sterben derzeit in den von Rebellen besetzten Gebieten Kinder an Hunger. Wo bleiben die humanitären Flottillen? Man könnte meinen, diese Fehlersucher sollten besser gegen den Niedergang des Christentums durch die gewaltsame Verfolgung in der gesamten islamischen Welt protestieren. Haben sie je einen Tourismus-Boykott Ägyptens oder der Türkei erwogen?

Wenn nur die Juden, oder, wie hier, der jüdische Staat, das Ziel von Strafmaßnahmen ist, wie nennt man dies dann? Wenn selektiv spezielle EU-Regelungen und -Gesetze erlassen werden, die nur auf den jüdischen Staat abzielen, wie nennt man dies dann? Richtig, dieser schwere Brocken ist Antisemitismus, dieses „A-Wort“.

Der kanadische Premierminister Steven Harper sagt: „Dies ist das Gesicht des neuen Antisemitismus. Er zielt auf das jüdische Volk ab, indem er auf Israel abzielt und versucht, die alte Bigotterie für eine neue Generation akzeptabel zu machen.“

Warum hält es die Oxford Union-Diskussionsgesellschaft, für legitim zu diskutieren, ob Israel ein Existenzrecht hat oder nicht? Sie hat noch nie über Jordaniens oder Großbritanniens oder, in dieser Hinsicht, irgendeines anderen Staates Existenzrecht diskutiert. Warum schreibt die deutsche Regionalzeitung, die Neue Osnabrücker Zeitung, in einem Leitartikel über Israel, es solle nicht der „jüdische“ Staat sein? Vielleicht ist es den Redakteuren der Neuen OZ neu, doch Israel ist seit 1948 der „jüdische Staat“. Warum vergleicht der schwedische Redakteur Per Jönsson den ehemaligen, kürzlich verstorbenen, israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon mit Hitler? Die einzige Nation im Nahen Osten, der seit ihrer Gründung ungeniert von ihren Feinden mit einem Vernichtungskrieg gedroht wird, ist Israel – heutzutage von Al-Qaeda, der Fatah, der Hamas, der Hisballah und dem Iran.

Die Geschichte wiederholt sich

A view of a Jewish-run shop in Germany, after being vandalized by Nazis and covered with anti-Semitic graffiti, on Nov. 10, 1938.

Ein Blick auf eine jüdisch-run Geschäft in Deutschland, nachdem er von Nazis verwüstet und mit antisemitischen Graffiti bedeckt, am 10. November 1938.

Plötzlich klingt das „Kauf nicht von Israel (dem jüdischen Staat)“ sehr ähnlich wie der Slogan aus den 1930ern „Kauf nicht bei Juden“. Plötzlich erinnern uns EU-Regelungen zu israelischen Siedlungen an die ehemals in Nürnberg erlassenen Rassengesetze. Nein, dieser Antisemitismus ist nicht ganz so plump wie der des Dritten Reiches, geschieht aber mit derselben Absicht, die Juden ihrer rechtmäßigen Heimat zu berauben, und definitiv mit gleichartiger, rassistischer und religiöser Selektion. Natürlich würden sie nicht „Juden“ sagen, doch „Israel“ hat denselben Effekt.

Kritiker Israels streiten die Antisemitismus-Vorwürfe ab und behaupten, Kritik an Israels Politik sei nicht gleichbedeutend mit Antisemitismus. Na gut. Wie wir jedoch festgestellt haben, hat der generelle öffentliche Diskurs zu Israel schon lange die Rationalität verloren und das Absurde erreicht. Genährt durch die exzessive Kritik an Israel durch die zumeist links gerichtete Presse, sind viele Europäer heutzutage nicht in der Lage, Völkermord und Apartheid korrekt zu definieren, doch sie wissen, wen sie hassen. Der einzigartige, übergroße Fokus auf Israel offenbart die Leugner des Antisemitismus.

Nicht alle 200 Millionen Europäer, die die unverschämten Lügen über Israel glauben, sind bösartige, rüpelhafte Antisemiten. Auch waren nicht alle Deutschen Mitglieder der NSDAP oder Nazipartei. Doch die Massen, die mit der Propaganda und der Parteipolitik konform gingen, waren pflichtbewusste Anhänger. Auch nach 80 Jahren hat sich wenig geändert. Demokratie, Bildung, westliche Werte und eine geistliche Berufung sind kein Hindernis für die Bigotterie. Der Fanfarenstoß des französischen Autors Émile Zola tönt realer denn je, J’accuse – ich klage an …! Juden werden erneut unfair angeklagt. Sie sind wieder einmal zum Prügelknaben der ganzen Welt geworden.

Bibelgläubige Freunde Zions haben eine 2500-jährige Verpflichtung, ihre Stimmen zu erheben und die Wahrheit über Israel zu verkünden: „Höret, ihr Völker, des HERRN Wort und verkündet’s fern auf den Inseln und sprecht: Der Israel zerstreut hat, der wird’s auch wieder sammeln und wird es hüten wie ein Hirte seine Herde“ (Jer. 31, 10). Wir haben festgestellt, wie Lügen über Israel in der heutigen Welt zur Norm geworden sind. Es ist nicht zu spät für Dich, lieber Leser, zu beten, aber auch zu handeln.