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Wie ein Jude in Europa betet


Ariel M. Goldberg

Ariel M. Goldberg

Ariel repräsentiert die 3. Generation in unserem Team, wenn wir in Übersee Vorträge halten. Seit 2010, damals 15-jährig, hat er bereits in einem halben Dutzend Länder Gitarre und Klavier gespielt, und mit eigenen Kompositionen und anderen Liedern über Gottes Verheißungen für sein Volk gesungen. Dieses Jahr wird er im Juni, Juli und November in Dänemark, Deutschland, Schweden und der Schweiz mitwirken. Schaut Euch bitte auch seine Musikvideos auf unserer Webseite an.

– Red.

„Bittet für den Frieden Jerusalems! Es soll denen wohlgehen, die dich lieben!“ (Ps. 122, 6).

Ich möchte eine Geschichte mit den Lesern teilen:

Meine Mutter und mein Bruder waren letztes Jahr im Dezember in Dänemark, um den schon älteren Vater der Mutter zum Todestag seiner Frau zu besuchen. Sie besuchten auch die Große Synagoge und das jüdische Gemeindezentrum an der Krystalgade in Kopenhagen. Mutter wollte meinem Bruder in dessen Kurzurlaub von der israelischen Luftwaffe den Ort zeigen, wo sie als Kind gebetet hatte.

Es fiel ihnen auf, dass die Straße nun dauerhaft für den Durchgangsverkehr gesperrt war. Als sie zum vorderen Eingangstor der Synagoge gingen, stoppte ein Wachmann sie und sagte, sie könnten ohne Sicherheitscode für die Tore nicht in die Synagoge gelangen. Sie sollten an der Tür klingeln, auf einen Mitarbeiter warten und dann erklären, warum sie hereingehen wollen. Meine Mutter klingelte, und kurze Zeit später kam der Gabbai (Küster) heraus. Mutter musste, als Beleg für ihre jüdische Identität, beide israelischen Pässe vorzeigen und erklärte geduldig in fließendem Dänisch, warum sie hinein wollten. Kurz darauf mussten sie durch eine Panzerglastür gehen, warten bis sich diese hinter ihnen schloss, waren dann in einem winzigen Raum eingeschlossen. Erst danach wurde das zweite Tor geöffnet, und sie konnten das Synagogengelände betreten. Das ist heutzutage die Norm.

Der Gabbai zeigte ihnen das alte, verzierte Gebäude, das meine Mutter so gut aus Kindertagen kannte, und lud sie herzlich für die Schabbat-Gottesdienste am Ende der Woche ein.

Am 15. Februar 2015 hatte Omar Abdel Hamid El-Hussein mit einer Waffe vor der Synagoge auf Besucher der Bat-Mitzwah-Feier einer 12-Jährigen geschossen. Dabei traf er den 37-jährigen Dan Uzan, der als Synagogen-Mitglied gerade Wachdienst hatte. Später erlag dieser seiner durch die Schüsse verursachten Kopfverletzung. Mein Großvater kannte ihn gut. Der bewaffnete Täter schoss auch auf 2 Polizisten und verletzte sie. Doch dank der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen konnte der Angreifer nicht in das Gebäude eindringen, sonst hätte sich vielleicht eine noch viel größere Tragödie ereignet.

Gönnern reagiert, wie sie Blumen und Kerzen bringen die Aufnahme Opfer außerhalb der Haupt-Synagoge in Kopenhagen, Dänemark, am 15. Februar zu Ehren 2015

Foto: AFP / Odd Andersen

Ich verstehe gut, warum es an diesem Ort solche strengen Sicherheitsvorkehrungen gibt. Es gibt einen Grund für die doppelten Tore. Es gibt einen Grund für die abgesperrte Straße. Es gibt einen Grund für die Wachposten und die Polizisten. Es sind Vorsichtsmaßnahmen, um das Leben eines Juden zu schützen, der einfach zu seinem Gott beten will. Nichts anderes.

Ich habe dieselben Sicherheitsvorkehrungen in Frankfurt, Stockholm, Warschau und Zürich erlebt, und man kann sicher sein, dass es auch in vielen anderen europäischen Städten so ist – Amsterdam, Berlin, London, Oslo, Paris, Wien, etc. Und nicht nur in Europa. Wachposten stehen auch an Synagogeneingängen in Buenos Aires und Los Angeles.

Juden werden in ihren Gebetshäusern verfolgt. Dies hat nichts mit Juden zu tun, die den Zionismus oder Israel unterstützen. Diese Angriffe richten sich nicht gegen eine so genannte Besatzung. Die Angriffe auf Juden in Europa und anderswo werden von jenen ausgeführt, welche die bloße Existenz von Juden hassen. Und schon jetzt sind im Nahen Osten die Christen ihre nächsten Opfer.

Natürlich wünsche ich mir, alle Juden würden nach Israel heimkehren, so wie ich. Doch das entbindet eine Nation nicht von deren Verantwortung, alle ihre Bürger zu schützen und deren Leben frei von Terror und Gewalt zu machen.

Ich habe dieses Essay geschrieben, weil ich ein Bewusstsein für die Sicherheitsvorkehrungen schaffen will, die Juden in Europa ergreifen müssen, nur um zu beten. Ich schreibe dies christlichen Freunden, denn ich kann in Eure Kirchen gehen, ohne befragt oder durchsucht zu werden oder mich ausweisen zu müssen. Das beneide ich. Ich wünschte, ich könnte dasselbe tun, wenn ich das nächste Mal in Dänemark, Deutschland, Schweden oder der Schweiz in eine Synagoge gehe.

Psalm 91 ist ein Glaubensbekenntnis angesichts schwieriger Umstände. Der zweite Vers ist der entscheidende: „Ich sage zum HERRN: Meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, ich vertraue auf ihn.“